Potential der Wasserkraft ausschöpfen

Die Stromerzeugung durch Wasserkraft war lange Zeit die Triebfeder der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns. In den Zeiten des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg garantierten die großen Wasserkraftwerke an Lech, Iller und Isarkanal sowie zahlreiche mittlere und kleine Anlagen die Versorgungssicherheit. In den 1950er-Jahren kam 80 Prozent des in Bayern erzeugten Stroms aus der Wasserkraft. Mit dem Aufkommen von Öl als (damals) billigem Energieträger und den Ausbau der Kernkraft verlor die Wasserkraft ihre Vormachtstellung im Strommix. Dennoch ist ihre Rolle weiterhin bedeutsam. 

Rund 4200 Laufwasser- und Speicherkraftwerke im Freistaat erzeugen durchschnittlich 12,5 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr. Das sind etwa 14 Prozent der gesamten Stromerzeugung und 30 Prozent der Erzeugung aus erneuerbaren Energien. Damit ist Bayern das Wasserkraft-Land Nummer 1 in Deutschland. 

Wir Freien Wähler bekennen uns klar zur Wasserkraft – natürlich in dem Bewusstsein, dass diese in einem Spannungsfeld zwischen Energieerzeugung auf der einen sowie Naturschutz und Gewässerökologie auf der anderen Seite agiert. Gerade was die Durchlässigkeit der Flüsse und Bäche betrifft, haben die Anlagenbetreiber große Anstrengungen unternommen. Um diese Bemühungen zu unterstützen hat Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger 2021 ein Förderprogramm zur umweltverträglichen Modernisierung vom Wasserkraftanlagen gestartet. In der Modernisierung von Bestandsanlagen, die mit einer Effizienzsteigerung verbunden ist, liegt nicht unerhebliches Potential für mehr Stromerzeugung. Experten gehen davon aus, dass in Bayern eine Terawattstunde Strom pro Jahr zusätzlich durch die Ertüchtigung bestehender und den Bau neuer Anlagen erzeugt werden könnte.  

Der russische Überfall auf die Ukraine und die im Zuge des Krieges stark gestiegenen Energiekosten haben die Diskussion um die künftige Ausrichtung der Energiepolitik befeuert und die Rahmenbedingungen verändert. Eine Unabhängigkeit von Energieimporten (insbesondere russischem Erdgas) soll schneller erreicht werden als vorgesehen, der Ausbau der Erneuerbaren forciert werden. Die geplante Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durch den Bund hat unter anderem eine Beschleunigung der Verfahren für die Genehmigung von Anlagen zum Ziel. Den erneuerbaren Energien wird daher im sogenannten „Osterpaket“ der Berliner Ampel-Regierung ein übergeordnetes öffentliches Interesse im Dienste der öffentlichen Sicherheit zugebilligt. Dieses Interesse wird in Genehmigungsverfahren gegenüber anderen Schutzgütern überwiegen, zum Beispiel dem Naturschutz.

„Besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien: Errichtung und Betrieb von Anlagen … liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.“

Referentenentwurf Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiterer Maßnahmen im Stromsektor. Bundeswirtschaftsministerium, 04.03.2022

Für die Wasserkraft gilt das jedoch nicht. Das würde die Bedingungen vor allem für die Betreiber kleiner Anlagen verschlechtern und ihnen mehr oder weniger das Wasser abgraben. So macht es beispielsweise der Bundesverband Erneuerbare Energien in einer Stellungnahme ganz deutlich: „Dies würde die Wasserkraft einseitig diskriminieren und wird ihrer wichtigen Rolle für die Versorgungssicherheit und Netzstabilität nicht gerecht.“ Ein Beispiel: Viele Mühlen in Bayern betreiben auch eine kleine Wasserkraftanlage, deren Genehmigung meist auf 30 Jahre befristet ist. Eine Verlängerung der Genehmigung oder eine Modernisierung dieser Anlage wären unter den geänderten Rahmenbedingungen extrem schwierig. 

Wir Freien Wähler sind froh, dass sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ganz klar auf die Seite der Wasserkraft gestellt hat und versucht, diese ungerechtfertigte Benachteiligung durch den Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zu verhindern. Um ihn zu unterstützen hat die Landtagsfraktion der Freien Wähler am 30. März 2022 einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der eine konsequente Umsetzung der Rahmenbedingungen für die Errichtung von EE-Anlagen fordert und sich gezielt gegen eine Benachteiligung der Wasserkraft ausspricht.

Mit Fritz Schweiger, Vorsitzender des Verbandes Wasserkraftwerke in Bayern, bei der Besichtigung einer Fischtreppe am Kraftwerk Schwaigerloh an der Dorfen.

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