Künstliche Intelligenz spürt Kitze auf

Zeitgleich mit der ersten Mahd der Wiesen kommen derzeit die Rehkitze zur Welt. Den Jungtieren kann in dieser Zeit ihre Strategie gegen natürliche Feinde – gut getarnt regungslos im hohen Gras zu verharren – zum Verhängnis werden. Jäger und ehrenamtliche Rehkitz-Retter unterstützen die Landwirte dabei, den Mähtod oder Verstümmelungen von Wildtieren zu verhindern – seit einigen Jahren vor allem mit Hilfe von Drohnen. Eine neue Software, die auf künstliche Intelligenz und Georeferenzierung setzt, soll die Wildtierrettung noch effektiver machen. Vorgestellt wurde die Technologie im Freisinger Moos auf Einladung des Landtagsabgeordneten Benno Zierer (Freie Wähler). 

„Kein Bauer will, dass ein Rehkitz vom Mähwerk erfasst wird“, stellte Zierer fest. Der Abgeordnete, der selbst Landwirt ist, erinnerte sich an früher, als die Wiesen mit Menschenketten abgelaufen wurden oder Rehe mit selbstgebauten Scheuchen vertrieben werden sollten. „Gottseidank gibt es jetzt technische Mittel und viele ehrenamtliche Helfer, die diese anwenden.“ Binnen weniger Jahre hätten sich in Deutschland rund 400 Vereine zur Wildtierrettung gegründet. 

Ein Pionier der Rehkitzrettung mit Drohnen ist der Informatiker Dr. Martin Israel, der 2010 zu diesem Thema promoviert hat. Gemeinsam mit App-Entwickler Andreas Kern, der aus dem Landkreis Freising kommt, hat er eine neue Software entwickelt, die eine schnellere und genauere Suche ermöglichen soll. 

Die Rehkitz-Attrappe im hohen Gras war schnell aufgespürt. MdL Benno Zierer und Försterin Beatrice Jäger (r.) waren beeindruckt von der Präsentation durch Martin Israel (hinten l.) und Andreas Kern.

Die bisher angewandte, sogenannte Live-View-Methode hat einige Nachteile, wie Beatrice Jäger berichtete. Die Försterin ist erfahrene Rehkitz-Retterin und Drohnenpilotin. „Es braucht viel Manpower“, erklärte sie. Einen Piloten, einen „Spotter“ der das Live-Bild verfolgt, und mehrere „Läufer“, die von der Drohne zu den Fundstellen gelotst werden. Das bedeutet auch lange Standzeiten der Fluggeräte in der Luft und entsprechend hohen Akku-Verbrauch. Außerdem müsse die Suche in den frühen Morgenstunden stattfinden. Wenn es warm und sonnig ist, können sich Maulwurfshaufen so stark erwärmen, dass sie von den Kameras nicht von Kitzen zu unterscheiden sind. 

Hier setzt das Verfahren von Martin Israel und seinem Team an. Die Software-Auswertung sei zielsicherer, betont der Firmengründer: „Wir vermindern falsch-positive Treffer“. Die Drohne fliegt eine Fläche ab und landet. Die Speicherkarte wird entnommen, Bilddaten werden mit einer speziellen Software KI-gestützt ausgewertet. „In dieser Zeit kann die Drohne weitere Flächen abfliegen, wir sind damit bis zu fünf Mal schneller“, erläuterte der Informatiker. Nicht mehr die Drohne, sondern eine Handy-App lotst die Kitzretter zu potentiellen Fundstellen. Bei der Demonstration funktionierte das ausgezeichnet, die zuvor platzierte Kitz-Attrappe war schnell aufgespürt. Der Clou dabei: Je mehr Funde über die App registriert werden, desto besser lernt die KI und verbessert sich selbst.    

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