Gerichtsverhandlungen wegen krähenden Hähnen, Klagen gegen das Geläut von Kuhglocken, sogar Nachbar-Streit um den Duft aus einer Bäckerei. In den vergangenen Jahren häufen sich leider Auseinandersetzungen dieser Art gehäuft. Die Konflikte entstehen oft, weil sich neu zugezogene Einwohner in Dörfern an den dort vorherrschenden Geräuschen und Gerüchen stören. Wir Freien Wähler möchten solche Streitigkeiten verhindern. Wir sind der Meinung, dass ortstypische Geräusche und Gerüche, die unsere Dörfer prägen, besonders geschützt werden sollten. Sie sind erhaltenswerte Kulturgüter und sollten als „sensorisches Kulturerbe“ einen besonderen Schutz genießen.
Frankreich hat es vorgemacht und einen entsprechenden Schutz im Umweltrecht verankert. Als ich davon las, habe ich in unserer Landtagsfraktion den Vorschlag gemacht, dass wir uns dafür auch in Deutschland stark machen.
In einem Dringlichkeitsantrag im Landtag haben wir nun die Staatsregierung aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zu starten, um das Immissionsschutz-Gesetz auf Bundesebene zu ändern. In diesem Gesetz könnten die für das Landleben typischen und identitätsstiftenden Gerüche und Geräusche in den einzelnen Regionen Bayerns und Deutschlands unter Schutz gestellt werden. Dabei obliege es den einzelnen Regionen, welche konkreten Geräusche und Gerüche darunter gefasst werden, um den jeweiligen Besonderheiten vor Ort Rechnung zu tragen.
Ein solcher Schutz hätte zum einen symbolischen Charakter als Bekenntnis zum ländlichen Raum und seinen Besonderheiten, die wir als prägend ansehen und erhalten möchten. Zum anderen könnte es aber auch praktische Auswirkungen haben. Zum Beispiel für den Bau von neuen Tierställen. Rinderhalter müssen Alternativen zur Anbindehaltung finden, neue Ställe sollen mehr Platz und mehr Licht bieten. Wenn jedoch ein solcher Stall in der Nähe von Wohnbebauung neu errichtet werden soll, sind die Konflikte leider oft vorprogrammiert. Auch hier könnte eine Gesetzesänderung in unserem Sinne mehr Klarheit bringen. Mehr Tierwohl ist gesellschaftlich gewünscht – aber man muss den Landwirten auch die Möglichkeit geben, das Geforderte in der Praxis umzusetzen.
Danke an die Freien Wähler zur Aufnahme dieses, gerade im Hinblick auf Tierwohl und Freilandhaltung sowie Förderung von privater Tierhaltung als Weg raus aus der Massentierhaltung, sehr wichtigen Themas.
Mit über 70.000 Unterschriften haben wir am 02.02.2022 eine gleichlautende Petition nach dem Beispiel Frankreichs beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht. Wir hoffen, dass neben Bayern auch andere Landesregierungen folgen!
Die genannten Klagen sind leider nur die Spitze des Eisberg! In unserer Facebook-Gruppe „wenn der Hahn kräht…“ diskutieren wir konkrete Fälle und unterstützen die Betroffenen Tierhalter fachlich und seelisch- was da so am Nachbarszaun passiert und das selbst in ländlich geprägten Dörfern von gerade mal 60 Einwohnern, aber auch in alten Ortskernen ist Besorgnis erregend!
Dies ist die Kehrseite der Urbanisierung- daher sind wir der Meinung, wenn die Politik die Urbanisierung durch ein Baulandmobilisierungsgesetz fördert, muss sie im gleichen Atemzug auch den kulturellen Bestand schützen!
Danke auch an Erich Leufer aus Oberfranken der dieses Thema und die Petition an die Freien Wähler heran getragen hat!
Silvia Stengel
und Team @wenn der Hahn kräht….
Sehr geehrte Frau Stengel,
vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihr Engagement. Ich stimme Ihnen zu, ich bekomme ja auch genügend Fälle mit, in denen es Probleme in der Nachbarschaft gibt. Ich werde den Verlauf der Petition im Auge behalten.
Viele Grüße aus Freising
Benno Zierer
Vielen Dank!
Die Petition liegt mit der Nummer PET 1-20-19-230-004509 immer noch (die Einreichung war am 2.2.22) zur Prüfung im Petitionsausschuss des Bundestages.
Auf Nachfrage Ende November 2022 kam vom Ausschuss die Antwort, dass sich die Petition weiterhin in der Prüfung befindet.
Hoffentlich wird sie, wie auch die Bundesratsinitiative im Umweltausschuss, irgendwann aufgegriffen!
Der Weg eines Schutzes ist ja offen und nicht in Stein gemeißelt, vielleicht reicht schon die Ergänzung des Wortes „auch ursprüngliche Emissionen“ im BGB 906 (2) aus, um den Verlust des Schutzes durch Veränderung der ursprünglichen Ortsüblichkeit zu vermeiden.