Die Planungen
2007 hat die Flughafen München GmbH das Planfeststellungsverfahren für eine neue Start- und Landebahn beantragt. Sie soll 4000 Meter lang und 60 Meter breit sein und 1180 Meter von der Nordbahn entfernt liegen. Die Bahn mit dieser Lage wurde aus 25 möglichen Varianten ausgewählt.
Im Juli 2011 genehmigte die Regierung von Oberbayern das Projekt. Der Beschluss wurde von mehreren Seiten beklagt, unter anderem vom Landkreis und der Stadt Freising, dem Bund Naturschutz und Privatleuten. Die Klagen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof abgewiesen und eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Die Beschwerden der Kläger wurden ebenfalls abgewiesen. Formal besteht Baurecht für die 3. Bahn.
Der Bedarf
Die FMG begründete die Ausbaupläne damit, dass die Kapazität des Zwei-Bahnen-Systems bereits erschöpft sei und Anfragen von Airlines nach zusätzlichen Slots abgewiesen werden müssten. Mit zwei Bahnen sind maximal 90 Flugbewegungen pro Stunde möglich, mit einer zusätzlichen Piste sollen es 120 sein. Verwiesen wurde auf einen absehbaren Verkehrszuwachs. Für 2025 ging die FMG von 58 Millionen Passagieren aus. Als 2011 der Planfeststellungsbeschluss erging, wurden im Erdinger Moos 411.000 Flugbewegungen abgewickelt, die Prognose sah in diesem Jahr 420.000 voraus. Die tatsächlichen Zahlen waren also noch nahe an den vorhergesagten. 2014 sah das schon ganz anders aus. Statt der prognostizierten 460.000 Starts und Landungen waren es tatsächlich nur 377.000. Die ursprünglichen Zahlen aus der Prognose der Gutachterfirma Intraplan hatten ohnehin schon nach unten korrigiert werden müssen. Das bisherige Maximum der Flugbewegungen wurde im Jahr 2008 mit 432.000 erreicht.
Die Gutachter von Intraplan gingen von jährlichen Wachstumsraten von vier bis fünf Prozent aus. Doch der internationale Luftverkehr hat sich anders entwickelt – und das bereits vor dem gravierenden Einschnitt durch die Corona-Pandemie. Die Airlines standen unter enormem Konkurrenzdruck, rüsteten ihre Flotten auf größere Maschinen um und verbesserten die Auslastung. Das wurde in den Prognosen nicht berücksichtigt. Die Deutsche Flugsicherung kalkulierte mit Zuwächsen von einem bis 1,5 Prozent für alle Flughäfen in Deutschland – nicht mit vier oder fünf Prozent.
Die Erholung nach den Pandemie-Jahren verläuft gerade in Deutschland sehr langsam. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen wurden im März 2022 rund 31,5 Prozent weniger Fluggäste gezählt als vor der Krise 2019. Damit rangiert Deutschland am unteren Ende der großen europäischen Luftverkehrsmärkte. Vor allem die Nachfrage nach innerdeutschen Flügen ist gering – im Vergleich zum Vorkrisenniveau haben sich die Passagierzahlen mehr als halbiert. Der Flughafen München verzeichnete 2022 285.000 Starts und Landungen.
Die Finanzierung
Die aktuellste Kostenschätzung für das Gesamtprojekt stammt aus dem Jahr 2015 und belief sich auf 1,5 Milliarden Euro. Ursprünglich waren die Baukosten auf eine Milliarde taxiert worden. Die FMG hat stets betont, dass für den Ausbau keine Steuergelder nötig sind. Das stimmt nicht ganz. Die FMG hat vor vielen Jahren von ihren Gesellschaftern Darlehen von über 1,2 Milliarden Euro erhalten. Zinsen bezahlt sie nur, wenn sie Gewinne erwirtschaftet, das war erstmals 2003 der Fall und dann seit 2009. Man kann davon ausgehen, dass sich die Gesellschaft fast zwei Milliarden Euro an Zinsen gespart hat. Die Darlehen – wie übrigens auch das Stammkapital – kamen aus Steuergeld.
Im Dezember 2022 hat die Flughafengesellschaft im Aufsichtsrat ein Investitionsprogramm bis 2030 präsentiert. Darin enthalten waren – neben der Sanierung des Airport-Centers und mehrerer Parkhäuser – auch die dritte Start- und Landebahn. Natürlich wollte ich wissen, mit welcher Summe und anhand welcher Kostenschätzung dieses Projekt dort zu Buche schlägt. Wenn kürzlich eine neue Kostenberechnung vorgenommen worden wäre, hätte das aus meiner Sicht einen klaren Bruch des Koalitionsvertrags dargestellt. Das Finanzministerium hat allerdings versichert, dass dies nicht der Fall war. Es stellt sich aber grundsätzlich die Frage, wie die FMG die gewaltigen Gesamt-Investitionen aus ihrem Programm stemmen will, angesichts eines Schuldenstandes von 2,8 Milliarden Euro und Verlusten von 665 Millionen über die Geschäftsjahre 2020 und 2021.
Die Belastung
Fluglärm ist nicht nur lästig, sondern auch gesundheitsgefährdend. Die Menschen im Flughafenumland leiden bereits jetzt sehr stark unter der Lärmbelastung – das zeigt auch die hohe Zahl von Beschwerden, die jedes Jahr direkt bei der FMG, bei der Flugsicherung oder beim Fluglärmbeauftragten der Regierung von Oberbayern eingehen. Nach der Pandemie-Zeit, in der sehr wenig geflogen wurde, ist die Zahl der Beschwerden zuletzt wieder gestiegen. Mit dem Bau der dritten Startbahn würde sich die Situation weiter verschärfen, unabhängig davon, ob es tatsächlich mehr Starts und Landungen geben würde. Und das nicht nur für die Bewohner der Ortschaft Attaching, die in einer Höhe von rund 50 Metern direkt überflogen würde. Auch die Stadt Freising mit ihren rund 50.000 Einwohnern wäre massiv betroffen. Neben dem Lärm birgt auch die Belastung durch Abgase und Schadstoffe ein hohes Risikopotential für die Bevölkerung. Nicht zuletzt auch durch Ultrafeinstaub. Der Bürgerverein Freising, eine engagierte Bürgerinitiative, hat dieses Thema aufgegriffen und Messungen dazu auf eigene Faust angestellt. Anfangs wurden die Initiatoren belächelt, obwohl es in der Wissenschaft eindeutige Hinweise auf die Gesundheitsgefährdung gab, die von den lungengängigen Partikeln ausgehen. Ebenso war klar, dass der Luftverkehr eine bedeutende Emissionsquelle ist. Deshalb habe ich das Thema Ultrafeinstaub auf die Agenda im Landtag gebracht und noch in der Opposition mehrere Initiativen gestartet – unter anderem dafür gesorgt, dass eine Expertenanhörung angesetzt wurde. Mittlerweile ist Bayern mit verschiedenen Projekten in die Erforschung von Ultrafeinstäuben, deren Zusammensetzung und gesundheitlicher Auswirkung eingestiegen. Und es gibt Messungen in der Umgebung des Großflughafens an staatlichen Messstellen, die von Wissenschaftlern der Universität Bayreuth betreut werden.
Warum nennt denn der Artikel nicht die Zahl, die bei dem postulierten Wachstum im Jahr 2016 anfallen würde?
Tatsächlich ist es so, dass der Flughafen München selbst mit nur einem Wachstum von 1% im Jahr 2026 die bisherige Höchstmarke knacken würde.
Im Jahr 2030 wäre man bei 452000 Bewegungen.
Nur ein völlig Blinder verkennt anhand solcher Zahlen die Notwendigkeit der dritten Bahn.