Nationalpark in den Isarauen: Viele offene Fragen

Dass das Umweltministerium bei der Suche nach dem Standort für einen dritten Nationalpark in Bayern auch die Isarauen im Landkreis Freising mit einbezieht, kommt einigermaßen überraschend. Am 23. Oktober hat Ministerin Ulrike Scharf in Freising die Idee eines Auwald-Nationalparks vorgestellt. Dieser soll aus Flächen an der Donau in der Region Neuburg-Schrobenhausen und Flächen an der Isar bestehen. Die Suchkulisse umfasst den gesamten Lauf der Isar im Landkreis Freising, von Dietersheim im Süden bis Volkmannsdorf an der Grenze zum Landkreis Landshut. Einem Dialogprozess in unserer Region sollten sich alle Beteiligten nicht verschließen. Ich bin allerdings skeptisch, dass sich diese Pläne so umsetzen lassen, dass sie wirklich einen Mehrwert für die Region bringen. In einem Nationalpark geht es schließlich nicht nur um Naturschutz, sondern auch um Naturerlebnis. Der Freizeitdruck in den Isarauen ist allerdings bereits jetzt sehr hoch, durch Radfahrer, Spaziergänger, Jogger, Gassi-Geher, Griller oder Sonnenbader. Wie viele Nationalpark-Besucher verträgt ein schmales Auwald-Band, das an manchen Stellen kaum 100 Meter breit ist?

Dass die Auwälder an der Isar einen wertvollen Naturraum bilden, ist unbestritten. Deshalb sind große Teile auch schon geschützt. Von Unterföhring nach Landshut besteht ein Natura 2000-Gebiet, zwischen Hangenham und Moosburg wurde 1985 ein Naturschutzgebiet eingerichtet. Es stellt sich die Frage, was ein Nationalpark darüber hinaus bringt und welche Einschränkungen dem gegenüber stehen, für die Anlieger-Kommunen, für private Grundstücksnachbarn, für die Fischerei und für die Menschen, die bereits jetzt an der Isar Erholung suchen. Das alles muss geklärt werden, bevor eine Entscheidung in der Region fallen könnte – die müsste dann der Kreistag des Landkreises Freising treffen und die Stadt- und Gemeinderäte der betroffenen Kommunen. Bei der Präsentation der Pläne durch Umweltministerin Ulrike Scharf im Freisinger Landratsamt sind mehr Fragen aufgeworfen worden, als beantwortet werden konnten. Es ist zum Beispiel nicht klar geworden, wie im schmalen Band des Auwaldes ein Nationalpark-Konzept mit einer Kernzone und einer Entwicklungszone realisiert werden könnte. Außerdem kann ich mir schwer einen Nationalpark vorstellen, der nur wenige Kilometer von einem internationalen Großflughafen entfernt liegt – der zudem noch expandieren will. Zur Erinnerung: mit dem Bau einer dritten Startbahn würde ein bedeutsames Vogelschutzgebiet zerstört.

Die Isarau bei Freising ist wertvoller Naturraum und beliebtes Naherholungsgebiet. (Foto: Copter Company)
Die Isarau bei Freising ist wertvoller Naturraum und beliebtes Naherholungsgebiet. (Foto: Copter Company)

Ob es einen Auwald-Nationalpark in Bayern geben wird, hängt allerdings noch von mehreren Faktoren ab. In der Donau-Region gibt es Widerstände gegen das Projekt und ablehnende Beschlüsse eines Gemeinderats. Außerdem will eine örtliche Waldgenossenschaft ihre Flächen nicht zur Verfügung stellen. Die Suchkulisse an der Donau umfasst weniger als 4000 Hektar, an der Isar im Landkreis Freising sind es 2300. Da das bayerische Naturschutzgesetz als Mindestgröße für einen Nationalpark 10000 Hektar fordert, wären weitere Flächen nötig, zum Beispiel bei Weltenburg an der Donau. Ein solcher Flickenteppich kann dem Prädikat Nationalpark, das die Ministerin als Premium-Marke des Naturschutzes bezeichnet, eigentlich nicht gerecht werden. Die Entfernung zwischen dem Gebiet an der Donau und Freising beträgt Luftlinie circa 60 Kilometer.

Der Findungsprozess läuft seit Juli 2016, nachdem der Ministerrat beschlossen hatte, neben dem Bayerischen Wald und Berchtesgaden einen dritten Nationalpark einrichten zu wollen. Dass das für kontroverse Diskussionen in den Regionen sorgen würde, war abzusehen. Vor allem nach den Erfahrungen aus dem Steigerwald, wo jahrelang hitzig über einen Nationalpark gestritten wurde. Deshalb wurde der Steigerwald gleich ausgeschlossen. Auch im Spessart und im Frankenwald gab es große Vorbehalte in der Bevölkerung. Umfragen zeigen zwar, dass die Akzeptanz für einen Nationalpark generell groß ist, vor allem in den Städten. Bei den Menschen in den betroffenen Regionen sieht das anders aus, sie fürchten Einschränkungen durch einen Nationalpark. Ein solches Projekt ist auf die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung angewiesen, deshalb darf es keinen Nationalpark gegen den Willen der Menschen vor Ort geben.

 

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