Das Thema TTIP ist in aller Munde und Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA und anderen Abkommen wie CETA und TISA gibt es auf allen Ebenen. Auch viele Kommunen in Bayern haben ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht und entsprechende Resolutionen verabschiedet. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hat für gehöriges Aufsehen gesorgt. Kernaussage war, dass sich Stadt- und Gemeinderäte nicht mit Freihandelsabkommen befassen dürfen. Das sei nach geltender Rechtsprechung unzulässig, weil es keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft darstelle. Ich wollte wissen, wie das Bayerische Innenministrerium als oberste Rechtsaufsichtsbehörde diese Aussagen beurteilt und habe deshalb eine Anfrage gestellt. Das Fazit: Stadt- und Gemeinderäte oder Kreistage dürfen sich aus Sicht des Ministeriums sehr wohl mit diesen Themen befassen, wenn sie in ihren Beschlüssen einen Zusammenhang mit den gemeindlichen Aufgaben deutlich machen.
Anfrage und Antwort im Wortlaut:
Ich frage die Bayerische Staatsregierung: Ob und inwieweit sie die Rechtsauffassung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages teilt, wonach sich Stadt- und Gemeinderäte weder mit den derzeit diskutierten Handelsabkommen wie CETA, TTIP und TiSA befassen, noch entsprechende Entschließungen zu diesem Thema verabschieden dürfen, weil es sich um sogenannte „allgemeinpolitische Angelegenheiten“ handelt und unter welchen Rahmenbedingungen die Staatsregierung die Möglichkeit sieht, dass sich Kommunalvertretungen dennoch hierzu äußern können, insbesondere wenn ein „spezifisch örtlicher Bezug“ – beispielsweise zu Inhalten des Abkommens, die den Bereich der vor Ort erbrachten öffentlichen Dienstleistungen betreffen können – in entsprechenden Entschließungen nachgewiesen wird?
Staatsminister Joachim Herrmann antwortet: Eine Gemeinde kann sich im Rahmen ihrer Aufgaben mit Themen befassen und entsprechende Beschlüsse fassen. Dementsprechend ist es Gemeinden auch möglich, sich mit einer etwaigen Beschränkung ihrer Aufgaben bzw. einer Einschränkung ihrer Aufgabenerfüllung zu befassen. Eine Befassungskompetenz besteht hingegen nicht für allgemeinpolitische Fragen, weil Gemeinden nur ein kommunalpolitisches und kein allgemeines politisches Mandat haben (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1990 – 7 C 37/89 – BVerwGE 87, 228). Ob ein Zusammenhang mit den gemeindlichen Aufgaben bzw. mit deren Erfüllung vorliegt oder ob es sich lediglich um eine Stellungnahme mit allgemeinpolitischem Inhalt handelt, ist anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Bezogen auf internationale Handelsabkommen ist ein solcher Zusammenhang – je nach dem konkreten Inhalt des Beschlusses – möglich. Insoweit wird die im Infobrief der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 11.02.2015 – WD 3 – 3000 – 035/15 – vertretene Auffassung zur Befassungs- und Beschlusskompetenz von Kommunalvertretungen im Hinblick auf internationale Freihandelsabkommen nicht geteilt.